Kardinale & Ordinale Nutzentheorie

von Thomas Jansen

#01 Nutzentheorie

Die Nutzentheorie befasst sich mit der Analyse von Entscheidungen, die Individuen treffen, um ihre BedĂŒrfnisse zu befriedigen. Sie hilft dabei, das Verhalten von Konsumenten zu verstehen, indem sie untersucht, wie Menschen PrĂ€ferenzen fĂŒr verschiedene GĂŒter und Dienstleistungen entwickeln. Diese Theorie bietet ein Modell zur ErklĂ€rung, wie Konsumenten Entscheidungen basierend auf ihrem Nutzen treffen, also dem subjektiven Wert oder der Zufriedenheit, die sie aus dem Konsum bestimmter GĂŒter oder Dienstleistungen ziehen (Mankiw & Taylor, 2024).

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#02 Kardinale Nutzentheorie

Die kardinale Nutzentheorie betrachtet den Nutzen als messbare GrĂ¶ĂŸe, die in Zahlen quantifiziert werden kann.

In diesem Ansatz wird angenommen, dass Konsumenten den Nutzen, den sie aus dem Konsum eines Gutes ziehen, in absoluten Einheiten ausdrĂŒcken können. Ein Beispiel fĂŒr die Anwendung kardinaler Zahlen, ohne Bezug zur Nutzentheorie, findet sich in der Unternehmenstheorie, wo Unternehmen analysieren, wie viel zusĂ€tzliche Produktion durch die Einstellung eines weiteren Arbeiters erzielt werden kann. Hier sind prĂ€zise numerische Werte fĂŒr die produzierte Menge entscheidend, um wirtschaftliche Entscheidungen zu optimieren und Ressourcen effizient zu nutzen (Mankiw & Taylor, 2024). Um dennoch kardinale Zahlen im Kontext der Haushaltstheorie zu betrachten, zeigt die folgende Tabelle die Anwendung an einem Beispiel:

Kardinale Nutzentheorie Beispiel
Wie viel besser ist ein Gut? Döner hat den doppelten Wert von Pizza.
Kardinale
Nutzentheorie
Beispiel
Wie viel besser
ist ein Gut?
Döner hat den doppelten
Wert von Pizza.

#03 Ordinale Nutzentheorie

Die ordinale Nutzentheorie konzentriert sich darauf, wie Konsumenten ihre PrĂ€ferenzen ordnen, ohne den Nutzen in genauen Zahlen auszudrĂŒcken.

In der Haushaltstheorie spielt dieser Ansatz eine wichtige Rolle, da er sich auf die Rangordnung von GĂŒterbĂŒndeln konzentriert. Konsumenten wĂ€hlen das GĂŒterbĂŒndel, das ihnen die höchste Zufriedenheit bietet, basierend auf ihrer subjektiven PrĂ€ferenzordnung (Mankiw & Taylor, 2024). Die genauen Werte sind hierbei nicht relevant, solange die Reihenfolge der PrĂ€ferenzen klar ist. Die folgende Tabelle zeigt die Anwendung an einem Beispiel:

Ordinale Nutzentheorie
Beispiel
Ist ein Gut besser? Döner ist besser als Pizza.
Ordinale
Nutzentheorie
Beispiel
Ist ein Gut besser? Döner ist besser
als Pizza.

#04 Beispiel: Cobb-Douglas Nutzenfunktion

Mathematische Darstellung

WĂ€hrend die kardinale Nutzentheorie versucht, den Nutzen in numerischen Werten auszudrĂŒcken, fokussiert sich die ordinale Nutzentheorie darauf, wie Konsumenten ihre PrĂ€ferenzen ordnen können. Diese Theorie ist besonders nĂŒtzlich, um das Verhalten von Konsumenten in der RealitĂ€t zu verstehen, da sie die Reihenfolge von PrĂ€ferenzen ohne genaue Zahlenwerte betrachtet. Ein klassisches Beispiel fĂŒr die Anwendung der ordinalen Nutzentheorie ist die Cobb-Douglas-Nutzenfunktion, die in der mikroökonomischen Analyse weit verbreitet ist (Mankiw & Taylor, 2024). Diese lĂ€sst sich wie folgt darstellen:

\( U(x,y) = a \cdot x^\alpha \cdot y^\beta \)

 

U Der Gesamtnutzen, den ein Konsument aus dem Konsum der GĂŒter zieht.
a Skalierungs- oder Normalisierungskonstante, die das Nutzenniveau beeinflusst.
x Die Menge des ersten Gutes.
y Die Menge des zweiten Gutes.

&

ÎČ

Die NutzenelastizitĂ€ten der GĂŒter und y, die anzeigen, wie sich der Nutzen Ă€ndert, wenn sich die Menge des jeweiligen Gutes um 1 % Ă€ndert.

 

\( U(x,y) = a \cdot x^\alpha \cdot y^\beta \)

 

U Der Gesamtnutzen, den
ein Konsument aus dem
Konsum der GĂŒter zieht.
a Skalierungkonstante, die
das Nutzenniveau beeinflusst.
x Die Menge des ersten Gutes.
y Die Menge des zweiten Gutes.

&

ÎČ

Die NutzenelastizitÀten der
GĂŒter und y, die anzeigen,
wie sich der Nutzen Àndert,
wenn sich die Menge des
jeweiligen Gutes um 1 % Àndert.

 

Die Cobb-Douglas-Nutzenfunktion eignet sich besonders gut, um ordinale Eigenschaften zu verdeutlichen, da sie die PrĂ€ferenzen der Konsumenten durch die relativen GrĂ¶ĂŸenordnungen der Parameter α und ÎČ widerspiegelt, ohne sich auf absolute Nutzenwerte zu verlassen. Wenn in dieser Funktion α=0,8 und ÎČ=0,2 gesetzt werden, bedeutet das Folgendes:

Die Parameter α und ÎČ bestimmen die Gewichtung, die der Konsument den beiden GĂŒtern in seinem Nutzen beilegt. In diesem Fall hat Gut x eine Gewichtung von 0,8, wĂ€hrend Gut y eine Gewichtung von 0,2 hat. Das bedeutet, dass der Konsument Gut x relativ zu Gut y deutlich stĂ€rker bevorzugt. Der Nutzen steigt also stĂ€rker, wenn der Konsum von x erhöht wird, im Vergleich zu einer Erhöhung des Konsums von y (Mankiw & Taylor, 2024).

Eigenschaft: Quasi-KonkavitÀt (KonvexitÀt)

Quasi-KonkavitĂ€t ist eine wesentliche Eigenschaft von Nutzenfunktionen, die sicherstellt, dass die Menge der bevorzugten GĂŒterbĂŒndel konvex ist. Eine Funktion ist quasi-konkav, wenn alle ihre oberen Niveaumengen konvex sind, was in der Praxis bedeutet, dass Mischungen von GĂŒtern mindestens genauso gut sind wie extreme BĂŒndel. Eine konvexe Menge ist eine Menge, in der fĂŒr jede beliebige Kombination zweier Punkte innerhalb der Menge auch die Verbindungsstrecke zwischen diesen Punkten vollstĂ€ndig in der Menge liegt. Diese Eigenschaft fĂŒhrt zu konvexen Indifferenzkurven, die in der ökonomischen Analyse entscheidend sind (Nicholson & Snyder, 2012). Der konvexe Verlauf wird anhand folgender Grafik deutlich:

Indifferenzkurven einer Cobb Douglas-Nutzenfunktion (Ordinal)

HomogenitÀt

Die Cobb-Douglas-Funktion veranschaulicht auch den Unterschied zwischen homogenen und homothetischen Funktionen. Auf beide Begriffe gehen wir im Folgenden ein. Dabei wird auch deutlich werden, dass die Cobb Douglas Funktion nicht nur ordinale, sondern auch kardinale Eigenschaften aufweist. Der Grund dafĂŒr ist, dass eine Cobb Douglas Funktion homogen ist.

Eine Funktion ist homogen, wenn bei einer proportionalen Erhöhung der Mengen x und y das Nutzenniveau um einen festen Faktor skaliert wird. Diese proportionale Erhöhung wird mithilfe von Lambda (λ) dargestellt. Bei der Cobb-Douglas-Funktion ist die HomogenitĂ€t vom Grad α+ÎČ, also der Summe der Exponenten der Variablen x und y abhĂ€ngig. Diese Eigenschaft ist kardinal, da sie sich bei bestimmten Transformationen der Funktion Ă€ndern kann (Nicholson & Snyder, 2012).

Indifferenzkurve einer Cobb Douglas-Nutzenfunktion: HomogenitÀt anhand der Grenzrate der Substitution

Der HomogenitĂ€tsgrad lĂ€sst sich ermitteln, indem wir zunĂ€chst Lambda als ProportionalitĂ€tsfaktor zu jeder Variable der Funktion ergĂ€nzen, um anschließend diesen aus der Funktion auszuklammern:

\( U(\lambda x, \lambda y) = (a \cdot (\lambda x)^\alpha \cdot (\lambda y)^\beta) \) \( U(\lambda x, \lambda y) = \lambda^{\alpha + \beta} \cdot (a \cdot x^\alpha \cdot y^\beta) \) \( U(\lambda x, \lambda y) = \lambda^{\alpha + \beta} \cdot U(x, y) \)
\( \alpha + \beta \) HomogenitÀtsgrad

Der HomogenitĂ€tsgrad lĂ€sst sich ermitteln, indem wir zunĂ€chst Lambda als ProportionalitĂ€tsfaktor zu jeder Variable der Funktion ergĂ€nzen, um anschließend diesen aus der Funktion auszuklammern:

Die HomogenitĂ€t ist kardinal, weil sie explizit die Skalierung der Nutzenwerte in Reaktion auf die Skalierung der GĂŒter berĂŒcksichtigt. Die absolute Höhe des Nutzens Ă€ndert sich in einer vorhersehbaren Weise in AbhĂ€ngigkeit von λ. Diese Skalierung ist eine kardinale Eigenschaft, weil sie eine konkrete, messbare VerĂ€nderung im Nutzen angibt.

Homothetie

Eine Funktion ist homothetisch, wenn die Grenzrate der Substitution (das VerhĂ€ltnis, zu dem ein Gut gegen ein anderes ausgetauscht werden kann) nur vom VerhĂ€ltnis der GĂŒtermengen abhĂ€ngt und nicht von deren absoluten Werten. Dies bedeutet, dass sich die Form der Indifferenzkurven bei proportionalen Änderungen der Mengen nicht Ă€ndert. HomothetizitĂ€t ist eine ordinale Eigenschaft, da sie nicht durch monotone Transformationen beeinflusst wird. Dies lĂ€sst sich anhand von zwei Merkmalen verdeutlichen:

  • UnverĂ€nderte PrĂ€ferenzordnung: Wenn eine Funktion homothetisch ist, bedeutet dies, dass bei einer proportionalen VerĂ€nderung der GĂŒtermengen (z.B. beide Mengen werden verdoppelt oder halbiert) die Reihenfolge der PrĂ€ferenzen des Konsumenten gleich bleibt. Diese UnverĂ€nderlichkeit der PrĂ€ferenzordnung unter proportionalen Änderungen ist das, was die Eigenschaft „ordinal“ beschreibt.
  • UnabhĂ€ngigkeit von absoluten Werten: Da die PrĂ€ferenzordnung unter proportionalen Änderungen erhalten bleibt, ist die HomothetizitĂ€t eine ordinale Eigenschaft, weil sie zeigt, dass es nicht auf die genauen (kardinalen) Werte des Nutzens ankommt, sondern nur auf die relative Position der verschiedenen GĂŒterbĂŒndel zueinander (Nicholson & Snyder, 2012).

Grenzrate der Substitution

DarĂŒber hinaus hilft die Steigung der Indifferenzkurve, die Grenzrate der Substituion, weitere Merkmale der ordinalen Eigenschaften einer Cobb Douglas Nutzenfunktion aufzuzeigen. Die Grenzrate der Substitution, hĂ€ufig abgekĂŒrzt mit GRS oder MRS, lĂ€sst sich ĂŒber den Quotienten der partiellen Ableitungen der Cobb Douglas Nutzenfunktion mathematisch darstellen:

\( \text{GRS} = \frac{MU_x}{MU_y} = \frac{ \frac{ \delta U}{ \delta x}}{ \frac{ \delta U}{ \delta y}} \)
\( \text{GRS} \) Grenzrate der Substitution
\( MU_x \) Grenznutzen von Gut x
(Partielle Ableitung der Nutzenfunktion nach x)
\( MU_y \) Grenznutzen von Gut y
(Partielle Ableitung der Nutzenfunktion nach y)
\( \text{GRS} \) Grenzrate der
Substitution
\( MU_x \) Grenznutzen von Gut x
(Partielle Ableitung der
Nutzenfunktion nach x)
\( MU_y \) Grenznutzen von Gut y
(Partielle Ableitung der
Nutzenfunktio nach y)

Das Besondere an der GRS bei der Cobb-Douglas-Nutzenfunktion ist, dass sie nur vom VerhĂ€ltnis der Mengen der beiden GĂŒter y zu x abhĂ€ngt und von den Parametern α und ÎČ, aber nicht von den absoluten Mengen. Das bedeutet:

  • Proportionale Änderungen: Wenn sowohl x als auch y um denselben Faktor skaliert werden, bleibt das VerhĂ€ltnis gleich. Die funktion ist somit homogen. Daher bleibt auch die GRS unverĂ€ndert.
  • UnverĂ€nderte PrĂ€ferenzordnung: Da die GRS konstant bleibt, wenn beide GĂŒtermengen proportional verĂ€ndert werden, bedeutet das, dass die PrĂ€ferenzordnung des Konsumenten unverĂ€ndert bleibt, was eine charakteristische Eigenschaft einer ordinalen Nutzenfunktion ist.

Die Cobb-Douglas-Funktion ist primĂ€r ordinal, weil sie die Rangordnung der PrĂ€ferenzen darstellt. Sie weist jedoch auch teilweise kardinale Eigenschaften auf, insbesondere im Kontext von VerhĂ€ltnisĂ€nderungen und der Analyse der SkalenertrĂ€ge. Diese duale Natur macht die Funktion besonders nĂŒtzlich fĂŒr verschiedene ökonomische Analysen.

#05 Unterschiede: Kardinal und Ordinal

Der Hauptunterschied zwischen der kardinalen und der ordinalen Nutzentheorie liegt in der Messbarkeit des Nutzens. Die kardinale Nutzentheorie geht davon aus, dass Nutzen in konkreten Einheiten messbar ist, was detaillierte quantitative Analysen ermöglicht. Die ordinale Nutzentheorie hingegen arbeitet mit einer Rangordnung von PrĂ€ferenzen, ohne den Nutzenwert direkt zu messen. WĂ€hrend die kardinale Theorie nĂŒtzlich fĂŒr theoretische Modelle ist, bietet die ordinale Theorie eine praktischere und realistischere Sichtweise, die besser mit der tatsĂ€chlichen Entscheidungsfindung ĂŒbereinstimmt. Das VerstĂ€ndnis dieses Unterschieds ist entscheidend fĂŒr die Anwendung ökonomischer Modelle und die Analyse von Konsumentenverhalten.

Literatur

  1. Nicholson, W., & Snyder, C. (2012). Microeconomic Theory: Basic Principles and Extensions (11th ed.). Cengage Learning.
  2. Mankiw, N. G., & Taylor, M. P. (2024). GrundzĂŒge der Volkswirtschaftslehre (9., ĂŒberarbeitete Auflage). SchĂ€ffer-Poeschel Verlag.