Preiselastizität der Nachfrage: Alle Elastizitäten im Überblick
#01 Was ist die Preiselastizität der Nachfrage?
Die Preiselastizität der Nachfrage misst, wie sich die nachgefragte Menge eines Gutes verändert, wenn dessen Preis um 1% steigt.
Die Preiselastizität der Nachfrage zeigt also, in welchem Verhältnis die nachgefragte Menge auf einen Preisanstieg reagiert. Wenn die nachgefragte Menge im gleichen Maße zurückgeht, wie der Preis steigt (Nachfragerückgang = Preisanstieg), sprechen wir von einer proportional elastischen bzw. einheitselastischen Nachfrage. Geht die nachgefragte Menge stärker zurück als der Preis steigt, handelt es sich um eine preiselastische Nachfrage. Reduziert sich die nachgefragte Menge hingegen weniger stark als der Preis ansteigt, sprechen wir von einer preisunelastischen Nachfrage.
Aus dieser Definition wird ersichtlich, dass dieses Verhältnis in Prozent gemessen wird, also die prozentuale Änderung der Nachfrage im Verhältnis zur prozentualen Preisänderung. Ein Beispiel verdeutlicht dies:
Angenommen, die Preiselastizität der Nachfrage beträgt 0,5. Dies bedeutet, dass ein Preisanstieg von 1 % zu einem Rückgang der nachgefragten Menge um 0,5 % führt. Das Gut wäre bei diesem Preis also unelastisch. Wir merken uns also:
\( |~ \varepsilon \lt 1 ~|~\text{unelastisch}\\ |~ \varepsilon = 1 ~|~\text{proportional elastisch} \\ |~\varepsilon > 1~| ~\text{elastisch} \) |
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Das Gesetz der Nachfrage besagt, dass eine Preiserhöhung immer zu einem Rückgang der nachgefragten Menge führt. Deshalb ist der Wert der Preiselastizität der Nachfrage immer negativ. Um die Interpretation zu erleichtern, verwenden viele Dozenten Betragsstriche, um das Ergebnis positiv darzustellen.
#02 Preiselastizität der Nachfrage interpretieren
Als Nachfrage nehmen wir für die weitere Erklärung eine lineare Funktion an. Stell dir vor, du siehst gerade die Nachfragefunktion für deinen Dönerkonsum im gesamten Jahr. Das Offensichtliche zuerst: Ist der Preis hoch (p1) kaufst du wenig Döner. Ist der Preis niedrig (p2) kaufst du viel Döner. Das sehen wir auch in der Grafik:
Erinnern wir uns an die Definition der Preiselastizität der Nachfrage aus der Einleitung zurück:
Die Preiselastizität der Nachfrage misst, wie sich die nachgefragte Menge eines Gutes verändert, wenn dessen Preis um 1% steigt.
Würde unser Preis für Döner beispielsweise 1.00€ betragen, würden wir mit der Preiselastizität der Nachfrage messen, um wie viel Prozent die nachgefragte Menge zurückgeht, wenn der Preis um 1% steigt, also von 1.00€ auf 1.01€ (+0.01€). Ein solcher Preisanstieg würde dich als Haushalt nicht besonders berühren, da du auf dem freien Markt eigentlich viel mehr für Döner bezahlen musst – der Preis ist unelastisch: Ein Preisanstieg führt zu einem unwesentlichen Rückgang der nachgefragten Menge.
Würde unser Preis für Döner jedoch bereits 20.00€ betragen, dann würde ein Anstieg des Preises um 1% zu einem Preis von 20.20€ (+0.20€) führen. Der Anstieg ist zwar prozentual betrachtet der gleiche wie bei dem Dönerpreis von 1.00€, allerdings ist der absolute Anstieg 20-mal höher.
Der prozentuale Rückgang der nachgefragten Menge wird mit steigendem Preis also immer höher. Ein höherer Ausgangspreis treibt somit auch die Preiselastizität der Nachfrage in die Höhe. Daher lässt sich die Interpretation der Preiselastizität der Nachfrage für eine lineare Nachfragefunktion übersichtlich an einer Grafik darstellen:
#03 Preiselastizität der Nachfrage berechnen
Für die Berechnung der Preiselastizität der Nachfrage gibt es drei gängige Methoden:
#03.1 Einfache Bogenelastizität
Die einfache Bogenelastizität ist eine Methode zur Berechnung der Preiselastizität der Nachfrage, wenn wir zwei Punkte auf der Nachfragekurve kennen. Sie gibt das Verhältnis zwischen der prozentualen Änderung der nachgefragten Menge und der prozentualen Preisänderung an. Ein Nachteil dieser Methode ist jedoch, dass sie zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, je nachdem, ob der Preis steigt oder sinkt.
So berechnest du die einfache Bogenelastizität Schritt für Schritt
Gegebene Werte:
Preis bei Punkt A: | 4 € |
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Nachgefragte Menge bei Punkt A: | 3 |
Preis bei Punkt B: | 8 € |
Nachgefragte Menge bei Punkt B: | 1 |
Formel zur Berechnung der einfachen Bogenelastizität:
\( | \varepsilon | = | \frac{\text{Prozentuale Mengenänderung}}{\text{Prozentuale Preisänderung}} | = | \frac{\frac{x_2-x_1}{x_1}}{\frac{p_2-p_1}{p_1}} | \) |
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Prozentuale Änderung der nachgefragten Menge:
\( \frac{x_2-x_1}{x_1} = \frac{1-3}{3} = -\frac{2}{3} \) |
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Prozentuale Preisänderung:
\( \frac{p_2-p_1}{p_1} = \frac{8-4}{4} = 1 \) |
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Einfache Bogenelastizität:
\( | \varepsilon | = | \frac{- \frac{2}{3}}{1} | = | -0.67 | = 0.67 \) |
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Interpretation:
Das Ergebnis von 0,67 zeigt, dass der Nachfragerückgang kleiner ist als der Preisanstieg. Die Preiselastizität der Nachfrage ist somit unelastisch.
#03.2 Mittelwertmethode
Die Mittelwertmethode (auch als Bogenelastizität mit Mittelwerten bekannt) ist eine verbesserte Methode zur Berechnung der Preiselastizität der Nachfrage. Sie wird verwendet, um das Problem der unterschiedlichen Ergebnisse bei der einfachen Bogenelastizität zu lösen, wenn sich der Preis in verschiedene Richtungen ändert. Durch die Verwendung von Durchschnittswerten für Preise und Mengen erzeugt die Mittelwertmethode konsistentere und symmetrische Ergebnisse, unabhängig davon, ob der Preis steigt oder fällt.
Warum Mittelwertmethode?
Bei der einfachen Bogenelastizität kann das Ergebnis davon abhängen, ob man von Punkt A nach Punkt B oder umgekehrt rechnet. Ein 10%iger Anstieg und ein 10%iger Rückgang führen nicht zur gleichen absoluten Änderung, was zu Verzerrungen führt. Die Mittelwertmethode beseitigt dieses Problem, indem sie den Durchschnitt der beiden betrachteten Werte verwendet, um die prozentualen Änderungen zu berechnen.
So berechnest du die Preiselastizität der Nachfrage mit der Mittelwertmethode
Gegebene Werte:
Preis bei Punkt A: | 4 € |
---|---|
Nachgefragte Menge bei Punkt A: | 3 |
Preis bei Punkt B: | 8 € |
Nachgefragte Menge bei Punkt B: | 1 |
Formel zur Berechnung der Preiselastizität mit der Mittelwertmethode:
\( | \varepsilon | = | \frac{\text{Prozentuale Mengenänderung}}{\text{Prozentuale Preisänderung}} | = | \frac {\frac{x_2 - x_1}{(x_1 + x_2)/2}} {{\frac{p_2 - p_1}{(p_1 + p_2)/2}}} | \) |
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Prozentuale Änderung der nachgefragten Menge:
\( \frac{x_2 - x_1}{(x_1 + x_2)/2} = \frac{1 - 3}{(3 + 1)/2} = -1 \) |
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Prozentuale Preisänderung:
\( \frac{p_2 - p_1}{(p_1 + p_2)/2} = \frac{8 - 4}{(4 + 8)/2} = \frac{2}{3} \) |
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Mittelwertmethode:
\( | \varepsilon | = | \frac{-1}{\frac{2}{3}} | = | - 1.5 | = 1.5 \) |
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Interpretation:
Das Ergebnis von 1.5 zeigt, dass der Nachfragerückgang größer ist als der Preisanstieg. Die Preiselastizität der Nachfrage ist somit elastisch.
#03.3 Punktelastizität
Die Punktelastizität ist eine Methode zur Berechnung der Preiselastizität der Nachfrage an einem bestimmten Punkt auf der Nachfragekurve. Im Gegensatz zur Bogenelastizität, bei der zwei Punkte auf der Kurve betrachtet werden, berechnet die Punktelastizität die Reaktion der Nachfrage auf eine Preisänderung in einem sehr kleinen Bereich um einen Punkt herum. Sie ist besonders nützlich, um die Elastizität bei sehr kleinen Preisänderungen oder in Fällen zu bestimmen, bei denen man nur eine Preismengen-Kombination kennt.
So berechnest du die Punktelastizität
Gegebene Werte:
Preis bei Punkt A: | 4 € |
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Inverse Nachfragefunktion: | \( p(x)=10-0.5x \) |
Formel zur Berechnung der Punktelastizität:
\( | \varepsilon | = | x'(p) \cdot \frac{p}{x} | \) |
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Schritt 1: Nachfragefunktion invertieren
In unserem Beispiel haben wir die inverse Nachfrage (auch als Preisabsatz-Funktion bezeichnet) gegeben. Anhand der Formel zur Berechnung der Punktelastizität wird deutlich, dass wir jedoch x(p) für die weitere Berechnung benötigen.
\( p = 10 - 0.5x ~| ~-10 \) |
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\( p -10 = - 0.5x ~| ~ :(-0.5) \) |
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\( -2p +20 = x \) |
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\( x(p) = -2p+20 \) |
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Schritt 2: Nachfragefunktion ableiten
\( x'(p)= -2 \) |
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Schritt 3: Nachgefragte Menge ermitteln
In unserem Beispiel haben wir die inverse Nachfrage (auch als Preisabsatz-Funktion bezeichnet) gegeben. Anhand der Formel zur Berechnung der Punktelastizität wird deutlich, dass wir jedoch x(p) für die weitere Berechnung benötigen.
\( x(4)=-2 \cdot 4 + 20 = 12 \) |
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Schritt 4: In die Punktelastizität-Formel einsetzen
\( | \varepsilon | = | -2 \cdot \frac{4}{12} | = | -0.67 | = 0.67 \) |
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Interpretation:
Das Ergebnis zeigt uns, dass wenn der Preis von 4€ um 1% steigt, die nachgefragte Menge um 0.67% zurückgeht. Die Nachfrage ändert sich demnach weniger stark als der Preis: das Gut ist bei dem gegebenen Preis also unelastisch.
#04 Zusammenhang zwischen Preiselastizität der Nachfrage und Erlös
Preisunelastisch bedeutet, dass die nachgefragte Menge bei einem bestimmten Preis weniger stark zurückgeht, als der Preis steigt. Als Anbieter zeigt mir das: Ich bin zu günstig. Würde ich den Preis erhöhen, würde ich zwar weniger verkaufen, aber nur unwesentlich: Mein Erlös (Umsatz) steigt.
Preiselastisch bedeutet, dass die nachgefragte Menge bei einem bestimmten Preis stärker zurückgeht, als der Preis steigt. Als Anbieter bin ich zu „teuer“. Mein Erlös (Umsatz) würde bei diesem Preis also sinken.
Wenn bei einer preisunelastischen Nachfrage (ε < 1) der Erlös steigt und bei einer preiselastischen Nachfrage (ε > 1) der Erlös sinkt bedeutet das, dass bei einer proportional elastischen Nachfrage (ε = 1) der Erlös maximal sein muss. Dies gilt jedoch nur für lineare Nachfragefunktionen!
Der Zusammenhang zwischen Erlös und Preiselastizität der Nachfrage wird abschließend deutlich, wenn wir sowohl Nachfrage- als auch Erlösfunktion übereinander legen. Bei einem proportional elastischen Preis entspricht die nachgefragte Menge für diesen Preis ebenso dem maximalen Erlös.
Literatur
Mankiw, N. G., & Taylor, M. P. (2024). Grundzüge der Volkswirtschaftslehre (9., überarbeitete Auflage). Schäffer-Poeschel Verlag.