Substitutions- & Einkommenseffekt nach Hicks: Schritt-für-Schritt erklärt
von Thomas Jansen
Die Zerlegung der Auswirkungen einer Preisänderung auf die Nachfrage eines Gutes in den Substitutions- und Einkommenseffekt hilft uns, besser zu verstehen, wie Konsumenten auf Preisänderungen reagieren. Im Folgenden wird der Prozess der Zerlegung in den Substitutions- und Einkommenseffekt nach Hicks anschaulich erklärt.
#01 Einführung in den Substitutions- und Einkommenseffekt
Stell dir vor, du konsumierst zwei Güter, zum Beispiel Döner und Tiefkühlpizza. Nun steigt der Preis für Döner, während der Preis für Tiefkühlpizza konstant bleibt. Wie reagierst du auf diese Preisänderung? Wahrscheinlich wirst du weniger Döner und mehr Tiefkühlpizza kaufen. Doch wie kann man diese Nachfrageänderung genauer erklären? Hier hilft die Zerlegung in den Substitutions- und Einkommenseffekt.
Durch diese Zerlegung können wir feststellen, welche Teile der Nachfrageänderung auf die Veränderung der relativen Preise und welche auf eine Änderung des realen Einkommens zurückzuführen sind. Im Folgenden ist unser Beispiel, welches wir für den weiteren Verlauf annehmen noch einmal zusammengefasst:
Aufgabe:
Zeigen Sie den Substitutions-, Einkommens- und Gesamteffekt nach Hicks für den Fall, dass Döner im Preis steigt.
Gut x: Döner (Luxusgut) |
---|
Gut y: Tiefkühlpizza (Inferiores Gut) |
#02 Der Substitutionseffekt nach Hicks
Der Substitutionseffekt beschreibt die Veränderung der nachgefragten Menge eines Gutes, wenn sich der Preis dieses Gutes relativ zu anderen Gütern (in unserem Fall zu einem anderen Gut) ändert, während das reale Einkommen (Kaufkraft) konstant bleibt.
Schritt 1: Ausgangspunkt: Das Haushaltsoptimum
Zu Beginn betrachten wir das ursprüngliche Haushaltsoptimum vor der Preiserhöhung. Dieses Optimum wird durch eine Budgetgerade (BG 0) dargestellt, die die maximal möglichen Konsummengen beider Güter zeigt, sowie durch eine Indifferenzkurve (IK 0), die das Nutzenniveau des Haushalts beschreibt. Der Punkt, an dem sich Budgetgerade und Indifferenzkurve schneiden, wird als Punkt A bezeichnet. Hier konsumiert der Haushalt die optimale Menge an Döner und Tiefkühlpizza bei den ursprünglichen Preisen.
Schritt 2: Die Auswirkungen der Preiserhöhung
Nach der Preiserhöhung für Döner verändert sich die Steigung der Budgetgerade, da die relativen Preise der Güter sich geändert haben. Die neue Budgetgerade (BG 1) verläuft steiler, da der Haushalt sich nun bei gleichem Einkommen weniger Döner (x) leisten kann. Die maximale Menge an Tiefkühlpizza (y) bleibt jedoch unverändert. Diese neue Budgetgerade zeigt den neuen Konsumspielraum des Haushalts nach der Preisänderung.
Schritt 3: Substitutionseffekt isolieren
Der Substitutionseffekt nach Hicks isoliert die Auswirkungen der Preisänderung unter der Annahme, dass das Nutzenniveau (IK 0) konstant bleibt.
Um dies grafisch darzustellen, verschieben wir die neue Budgetgerade parallel so, dass sie die ursprüngliche Indifferenzkurve in einem Punkt, Punkt B, berührt. Dies gibt uns Aufschluss darüber, wie sich der Konsum aufgrund der veränderten relativen Preise verändert.
Der Weg von Punkt A zu Punkt B stellt den Substitutionseffekt (SE) dar.
In unserem Beispiel sinkt die relative Nachfrage nach Döner, während die Nachfrage nach Tiefkühlpizza steigt. Der Substitutionseffekt ist somit für Döner negativ und für Tiefkühlpizza positiv.
Gut x | Gut y | |
---|---|---|
SE | – | + |
EE | Schritt 4 | Schritt 4 |
GE | Schritt 5 | Schritt 5 |
#03 Der Einkommenseffekt nach Hicks
Schritt 4: Die Einkommensveränderung
Der Einkommenseffekt zeigt, wie sich die Nachfrage eines Haushalts verändert, nachdem die Preisänderung das reale Einkommen (Kaufkraft) beeinflusst hat.
Da der Preis für Döner gestiegen ist, kann sich der Haushalt insgesamt weniger leisten, wodurch das verfügbare reale Einkommen (die Kaufkraft) sinkt. Dies hat Auswirkungen auf den Konsum beider Güter. Diesen Effekt bezeichnen wir als Einkommenseffekt.
Wie stark der Einkommenseffekt ausfällt, hängt von der Art des Gutes ab. Bei normalen oder Luxusgütern führt ein Einkommensrückgang zu einer geringeren Nachfrage. Bei inferioren Gütern hingegen – also Gütern, die stärker nachgefragt werden, wenn das Einkommen sinkt – ist der Einkommenseffekt positiv.
Im Beispiel konsumiert der Haushalt nach der Preissteigerung weniger Döner, da dieser ein Luxusgut darstellt, und mehr Tiefkühlpizza, da diese ein inferiores Gut ist. Um eine erste Idee von dem neuen Konsumpunkt zu bekommen, der auf unser Beispiel passt, kennzeichnen wir den Rückgang der Menge von Döner (x) mit grünen Pfeilen, die nach links zeigen, und den Rückgang der Menge von Tiefkühlpizza (y) mit grünen Pfeilen, die nach unten zeigen.
Anhand der Pfeile wird deutlich, dass nur noch der grüne Bereich der Budgetgerade (BG 1) für unser gewähltes Beispiel in Frage kommt:
Um den Einkommenseffekt grafisch zu erfassen, bewegen wir uns von Punkt B zu einem neuen Punkt C auf dem grün markierten Bereich der neuen Budgetgerade, der das reduzierte reale Einkommen widerspiegelt. Der Punkt C zeigt die optimale Konsummenge nach Berücksichtigung des Einkommenseffekts.
Der Weg von Punkt B zu Punkt C stellt den Einkommenseffekt (EE) dar.
In diesem neuen Gleichgewichtspunkt konsumiert der Haushalt weniger Döner (x) und mehr Tiefkühlpizza (y). Der Einkommenseffekt ist somit für Döner negativ und für Tiefkühlpizza positiv.
Gut x | Gut y | |
---|---|---|
SE | – | + |
EE | – | + |
GE | Schritt 5 | Schritt 5 |
#04 Der Gesamteffekt: Substitutionseffekt + Einkommenseffekt
Schritt 5: Gesamteffekt einzeichen
Die Summe aus Substitutions- und Einkommenseffekt bezeichnen wir als Gesamteffekt (GE).
Abschließend betrachten wir den Gesamteffekt der Preisänderung, der sich aus dem Substitutions- und Einkommenseffekt zusammensetzt. Für Döner ergibt sich ein negativer Gesamteffekt: Die nachgefragte Menge sinkt sowohl durch den Substitutions- als auch durch den Einkommenseffekt. Für Tiefkühlpizza ergibt sich hingegen ein positiver Gesamteffekt, da die nachgefragte Menge aufgrund beider Effekte steigt.
Gut x | Gut y | |
---|---|---|
SE | – | + |
EE | – | + |
GE | – | + |
Diese Zerlegung ermöglicht es uns, die Ursachen der Nachfrageänderung besser zu verstehen und gibt einen detaillierten Einblick in das Konsumverhalten von Haushalten bei Preisänderungen.
Literatur
Hicks, J. R. (1939). Value and capital: An inquiry into some fundamental principles of economic theory. Clarendon Press.
Mankiw, N. G., & Taylor, M. P. (2024). Grundzüge der Volkswirtschaftslehre (9., überarbeitete Auflage). Schäffer-Poeschel Verlag.